Michel Bovay
Zen hat keinen Geschmack, also gebt ihm keinen Geschmack. Es ist ohne Geruch, also gebt ihm keinen Geruch. Es ist ohne Farbe, also gebt ihm keine Farbe. Zen ist Musik ohne Töne, gespielt auf einer Flöte ohne Löcher. Es hat keine Form, also gebt ihm keine Form.
Dann ist sein Geschmack, sein Geruch und seine Farbe von der Schönheit des Herbstes und des dürren Baumes. Seine Musik verbreitet sich im ganzen Universum und dringt selbst in das Ohr eines Tauben ein. Seine Form umfasst den ganzen Kosmos und seine Weisheit glänzt bis in die Ewigkeit.
Michel Bovay wurde 1944 in Monthey in der Schweiz geboren. In seiner Jugend war er erfolgreicher Musiker, Komponist und Produzent und spielte in verschiedenen Bands, von denen vor allem die Rock-Band „The Sevens“ in den Sechzigerjahren Furore machte. 1972 begegnete er dem japanischen Zen-Meister Taisen Deshimaru und folgte ihm kurze Zeit später nach Paris. Als naher Schüler, vertrauter Mitarbeiter und Organisator half er Meister Deshimaru massgeblich, Zen in Europa zu verbreiten. Im täglichen Umgang mit dieser ausserordentlichen Persönlichkeit erlebte er im wahrsten Sinne des Wortes Zen im Alltag.
Nach dem Tod von Taisen Deshimaru 1982 wurde Michel Bovay einer der Hauptverantwortlichen für die Weitergabe von dessen Lehre. Er wurde mit drei anderen nahen Schülern dazu bestimmt, die Bestätigung der Dharma-Übermittlung durch den Abt des Tempels Eihei-ji zu erhalten, akzeptierte diese jedoch erst 1998 von Yuko Okamoto Roshi vom Tempel Teishoji, der selbst als Schüler von Kodo Sawaki praktiziert und Deshimaru stets unterstützt hatte.
Dem Wunsch seines Meisters entsprechend kam Missen Michel Bovay 1985 in die Schweiz zurück. Hier konzentrierte er seine Unterweisung im Zen Dojo Zürich, leitete Zazentage, Sesshin und Sommerlager. Von 1995 bis 2003 war er Präsident der von Taisen Deshimaru gegründeten Association Zen Internationale. Michel Bovay war Autor und Mitherausgeber des Buches „Zen“ (Praxis und Lehre, Geschichte und Perspektive) und kreierte unter dem Titel «Zengeschichten» eine Theatervorstellung, die er mit grossem Erfolg im deutsch- und französischsprachigen Raum zur Aufführung brachte.
In Folge einer schweren Erkrankung übergab er seit 2007 die Verantwortung seiner ältesten Schülerin, der Zen-Nonne Eishuku Monika Leibundgut. Missen Michel Bovay unterstützte sie und das Zen Dojo Zürich bis zu seinem Tod im Jahr 2009. Einer seiner letzten Sätze, den er mehrmals wiederholte, war: „Zerbrecht Euch nicht den Kopf, tut was euch tief Freude macht, aber gebraucht immer eure Weisheit.“